Mehrmals bin ich in den letzten Tagen über ein neues Berufsbild mit dem fröhlichen Namen „Feel Good Manager“ gestolpert. Auch das Magazin managerSeminare berichtet in seiner aktuellen Ausgabe darüber.
Offenbar sind es gerade junge Unternehmen und Start-ups, die durch diese neu geschaffene Position die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter sicherstellen, den Spirit der Anfangszeit bewahren und auch im Kampf um qualifizierte Fachkräfte, besonders unter der Generation Y, die Nase vorn haben möchten.
Grundsätzlich finde ich diese Entwicklung spannend. Ich selbst habe als „Frau der ersten Stunde“ bei NOBILIS Anteil daran gehabt, ein Unternehmen von Null an aufzubauen. Knapp 18 Jahre habe ich die unterschiedlichsten Unternehmensphasen im Management mit gesteuert. Unvergleichlich war dabei die Pionierphase. Die Begeisterung flimmert, Teilerfolge werden gefeiert, jeder bringt sich mit ein, sieht was er bewirkt und erlebt sich als unmittelbar am Erfolg beteiligt. Das weckt natürlich unglaublich viel Spaß und Energie. Kein Wunder, daß junge Unternehmen diesen magischen Zustand so lange wie möglich bewahren wollen. Eins zu eins funktioniert das jedoch garantiert nicht! Statt einer künstlichen Verlängerung dieser einzigartigen Phase, braucht es das Wissen um gesunde Adaptionen, damit dauerhafte Begeisterung unter den Teams entfacht wird.
Ich freue mich, daß sich ein sich zunehmend veränderndes Bewußtsein zur Definition von Arbeit in neuen Berufs-Spezialisierungen manifestiert. Daher habe ich einen Blick auf die Aufgabenbereiche eines Feel-Good-Mangers geworfen und mich gefragt, was ich selbst in diesem Verantwortungsbereich tun würde.
Darum geht es beim Feel-Good-Managen:
– die familiäre Atmosphäre der Anfangszeit besser bewahren
– nach innen und außen das Signal setzen: Wir kümmern uns!
– frischen Wind in den Arbeitsalltag bringen z.B. durch kleine Überraschungen
– Wertschätzung durch kleine Aufmerksamkeiten signalisieren
– Entertainment zur Stärkung des Wir-Gefühls – Team Events
– Gesundheitsbewußtsein der Mitarbeiter stärken
– Anlaufstelle für Kummer, Sorgen und Probleme
– Onboarding Prozess für neue Mitarbeiter begleiten
– Stimmung im Unternehmen im Blick behalten
– sich für eine positive Gestaltung der Arbeitsbedingungen einsetzen
Auf jeden Fall ist das ein erster Schritt. Damit dieser jedoch nicht zum Tropfen auf den heißen Stein wird, braucht es aus meiner Sicht Tiefe. Würde ich heute das Feel-Good-Gefühl in einem Unternehmen zum gedeihen bringen dürfen, würde ich anders daran gehen:
- ich würde mich nicht fest anstellen lassen, um meine neutrale Position zu sichern und wahrhaftig eine Vertrauensperson sein zu können
- statt die „Feel-Good Verantwortung“ auf eine oder einige Personen im Unternehmen zu delegieren, würde ich Hilfe zur Selbsthilfe leisten, damit Mitarbeiter eine Haltung der Eigenverantwortung einnehmen
- statt an der einzigartigen Atmosphäre der Pionierphase krampfhaft festzuhalten, würde ich mit den Beteiligten Werte definieren, die eine dauerhafte Begeisterung für das, woran jeder Einzelne mitwirkt, zum lodern bringt
- Strukturen würde ich durchleuchten und so gestalten, daß sie gesund sind, also flexibel genug sind, damit alle darin wachsen können und dennoch transparent und so klar, daß jeder darin Halt findet
- ich würde sehr genau hinhören, was jeder Einzelne besonders gern macht, wie er am besten arbeitet und wofür er sich begeistert
- statt Harmonie zu säen würde ich ein verändertes Bewußtsein für die spannende Kraft der Unterschiede wecken
- ich würde erfahrbar machen, welche Freiheit entsteht, wenn wir die Bewertungsbrille bei Emotionen absetzen können
- und ich würde Führungskräfte darin unterstützen, daß sie authentisch genau das verkörpern, was ihnen selbst in einem Feel-Good-Arbeitsalltag wichtig ist
- und ganz bestimmt würde vor Ort meine Inspiration richtig ins Sprudeln kommen
Was es dafür vor allem braucht sind Unternehmer mit dem dringenden Wunsch und dem Vertrauen, sich auf eine andere Art der Wirksamkeit einzulassen, bei der statt härter, leidenschaftlicher und dadurch sehr viel leichter und besser gearbeitet wird.
Ich sehe das so: Damit Feel-Good-Maßnahmen nicht nur Pickel und Unreinheiten im Unternehmen wie ein Make-up übertünchen, braucht es Vertrauen. Unternehmer, die wissen, daß wahre Schönheit von Innen kommt – das fängt bei jedem Einzelnen an und bringt letztendlich ganze Teams zum Strahlen.
Was würden Sie sich von einem Feel-Good-Manager in Ihrem Unternehmen wünschen?
Bildquelle: piqs.de, Fotograf: Ishmael Orendain
Eine Feel-Good-Managerin müßte an eine Zukunft glauben, in der Handeln ohne Ausbeutung möglich ist. Sie müßte sich für Werte einsetzen, die sich kommerziell nicht so einfach verwerten lassen. Sie würde wissen: Jeder Mitarbeiter, der in seiner Individualität gesehen und gewürdigt wird, fördert die Produktivität und Kreativität einer Organisation.