In diesem Artikel widme ich mich einer meiner Buchstabengeschichten – dem W.
Aus meinem W ist eine Liebeserklärung entsprungen:
Ich liebe die Kraft der Worte. Dabei geht es mir nicht um die Worte, die aus einem System vorgegeben oder nachgeplappert werden. Vielmehr geht es mir um die Worte, die Wirkung hinterlassen, weil sie aus mir selbst, aus gelebten Erfahrungen und verkörperten Erkenntnissen entspringen. Diese Worte werden erlebbar: ich kann sie hören, sehen, fühlen manchmal sogar fast schmecken.
Dabei staune ich immer wieder, über die Macht, die aufrichtige Worte besitzen. Allerdings brauchen diese Worte eine unterstützende Kraft. Um meine eigene Wahrheit mitzuteilen, brauchen Worte Mut, der sie an die Hand nimmt und hinausführt. Mut zum eigenen Wort.
Meine Erfahrung: Worte wirken weitreichend
Für mich besonders nachhaltig auf folgende Weise:
Worte können zu Fleisch werden
„Streng dich mal mehr an“, „Guck doch mal, was die Anderen alles können“, „Das schaffst Du doch sowieso nicht“. Wer kennt sie nicht, solche nachhallenden Wörter. Manche Wörter, die wir nur häufig genug gehört haben oder uns innerlich selbst vorsagen, bleiben hängen. Es ist, als würden sie sich förmlich in unseren Körper einschreiben, solange, bis wir sie verkörpern. Glaubenssätze, Überzeugungen, Antreiber – starke innere Motoren, die meist unbewußt unser Handeln und Erleben steuern – vor allem, wenn wir unter Stress stehen.
Kennen Sie die Worte und Sätze, mit denen ihr Autopilot sie durch angespannte Situationen navigiert? Es ist mehr als spannend, ihnen auf die Spur zu kommen, denn sie verhindern neue Handlungs- oder Erfahrungsrichtungen.
Worte schaffen Handlungsspielraum
Kennen Sie das – sie haben z.B. ein Gefühl, was sie bewegt etwas oder etwas, was ihnen am Herzen liegt, was sie lenkt, es fehlen ihnen jedoch die Worte, um es zu beschreiben. Manchmal braucht es seine Zeit, bis Dinge aus unserem Inneren „spruchreif“ sind. Bis wir sie in Worte fassen können. Wenn es jedoch so weit ist, dann fühlt sich das häufig an, als sei der Bann gebrochen oder als hätten wir eine Fessel gesprengt. Ähnlich wie beim Märchen vom Rumpelstilzchen, bei dem der Bann in dem Moment gebrochen ist, als die Müllerstochter den Namen von Rumpelstilzchen ausspricht.
Etwas benennen zu können, die passenden Worte zu finden ist wie eine neu gewonnene Freiheit.
In dem Moment, in dem ich ins Wort komme, kann ich wieder handeln. Denn durch das Benennen erschaffe ich etwas Konkretes, das Benannte erhält Konturen – ein Anfang und ein Ende. Worte setzen Abgrenzungen oder begrenzen Themen und Empfindungen und schaffen damit automatisch Wege oder auch Zwischenräume, durch die neue Bewegungen möglich werden.
Eigene Worte brauchen besondere Räume
Es ist manchmal gar nicht so leicht: Da möchte ich etwas sagen und fange an – und schwupps – vollendet ein bemühtes Gegenüber meinen Satz. Manchmal habe ich mich selbst bei dieser Unsitte ertappt. Mir wird bewußt, daß es manchmal besondere „Räume“ braucht, in denen ich mich sortieren und meine eigene Sprache finden kann. Räume, die eine besondere Qualität haben. Nämlich mit einem Menschen, der mir die Möglichkeit gibt, mich erstmal in meinen eigenen Worten zu finden, Dinge noch unsortiert oder unfertig auszusprechen, vielleicht sogar zu stammeln, ohne daß ich dafür abgewertet werde.
Doch in der Schnelligkeit des Alltags bleibt für einen solchen Raum des „Sprech-Denkens“ (Danke Elke-Maria Rosenbusch, für diesen treffenden Ausdruck!) oft wenig Luft und Verständnis.
Worte brauchen Zwischenräume
Manchmal sind es nicht die Worte selbst, sondern der Raum zwischen ihnen, der das Wort erst nachklingen läßt, so daß es aus der schnellen, hohen Frequenz meines Verstandes in den tiefen, sonoren Kanal meines Fühlens sickern kann. Erst wenn es dort ankommt, entfaltet es seine Wirkung. Und manchmal braucht es sehr viel Raum zwischen den Worten – wohltuende Stille – die mir aus dem Außen den Weg zu mir selbst zurück weist.
Was all diese Wortqualitäten für mich verbindet ist Mut.
Es braucht Mut, um seinen eigenen Weg des Selbstausdrucks zu finden.
Doch wenn ich ihn gefunden habe, sprudelt die Quelle der Begeisterung wieder
Es braucht Mut, um zu seiner eigenen Sprache zu finden und seine eigene Wahrheit zu sprechen.
Doch nur wenn ich verkörpere, worüber ich spreche, liegt Wirksamkeit in meinen Worten.
Es braucht Mut, um sich den Worten zuzuwenden, die sich in unseren Körper eingeschrieben haben.
Doch das Erforschen dieser Botschaften öffnet mir neue Beweglichkeit im Handeln.
Es braucht Mut, um Dinge beim Namen zu nennen.
Doch mit dem versprachlichen nehmen wir den Dingen ihren Schrecken.
Es braucht Mut, um sich die Zeit zu geben, sich selbst im Wort zu sortieren.
Doch in diesem Raum komme ich zu neuen Erkenntnissen.
Und es braucht Mut, um die Stille, die zwischen den Worten liegt, zu hören.
In diesem Raum begegne ich mir selbst.
Wie ist Ihre Erfahrung mit dem Mut-Wort-Team?